Hilfe für Igel in Not im Spätherbst und im Winter Anzeichen für Notlage – Hilfsmaßnahmen – Unterbringung im Haus

Es ist Abend, die Temperatur liegt unter 150 C, Sie haben einen Igel gefunden, Sie wollen ihm helfen, haben aber keine Erfahrung im Umgang mit dieser Tierart. Tierärzte und Tierheime können Sie erst am nächsten Tag erreichen. Also was tun?

1.Fundort notieren, damit der Igel in sein Revier zurück gebracht werden kann, falls sich herausstellt, dass er doch nicht so hilfsbedürftig ist
2.Wiegen und genau betrachten
Igel in Not: Auf der Straße oder in Hausnähe gefunden und zu dünn oder zu leicht für seine Größe, Körper zu kalt, Igel auf der Seite liegend, schwer atmend oder zu wenige Atemzüge
3.Das Tier in ein weiches Tuch hüllen, zunächst aber nicht in warmen Wohnräumen stehen lassen, Temperaturdifferenz zwischen Außentemperatur und normaler Zimmertemperatur muss langsam verringert werden (z.B. Treppenhaus – wenig beheizter Raum – Badezimmer), Dauer der Aufwärmphase 2 Stunden und länger je nachdem, in welchem Zustand der Igel aufgefunden wurde.
4.Füttern hat Zeit! Bitte nicht füttern bevor das Tier warm genug ist!
5.Inzwischen geeigneten Pappkarton zur Unterbringung des Neulings suchen (möglichst große Bodenfläche, bei flachen Kästen Deckel- und seitliche Laschen verkleben und dadurch die Seitenwände erhöhen), asten mit Zeitung auslegen und Tier mit weichem Kuscheltuch in dieses Quartier bringen
6.Während der Aufwärmphase unbedingt versuchen, Beinchen und Bäuchlein zu massieren und / oder wenigstens kräftig über die Stacheln am Rücken streichen.
7.Gut ist es, wenn Sie den vermutlich nassen Bauch und die Beinchen mit Wattepads oder Papiertuch trocken tupfen und die Wärme Ihrer Hand auf das Bäuchlein übertragen können. Manchmal kann nur ein Papiertuch in den halbmondförmigen Spalt, der sich zwischen Vorder- und Hinterende bildet, wenn sich der Igel einrollt, hineingeschoben werden.
8.Sollte die Raumtemperatur nicht ausreichen, brauchen Sie eine zusätzliche Wärmequelle, z.B. Heizkissen auf niedrigste Stufe und nur unter einen Teil des Pappkartons geschoben. Heizquelle in 30 Minuten Abstand an- und wieder abstellen, d.h. Stecker einstecken oder wieder herausziehen!
9.War das Tier sehr wenig aktiv als Sie es fanden, und hat das Anwärmen lange gedauert, reicht es einen halben, gestrichenen Teelöffel voll (nur ein “Schmeckerle“) Katzenfutter oder Rührei (mit wenig Fett hergestellt) in einige Tropfen Wasser eingerührt auf einem Marmeladenglas-Deckel anzubieten und später (evtl. nach 2 Stunden) wieder eine solche Miniportion. Zeigt das Tier kein Interesse an diesem Futter, sollten Sie, wenn irgend möglich das Tier zur Aufnahme von Wasser bringen, am besten ist eine 10% Traubenzuckerlösung (kein anderer Zucker erlaubt!)
10.Am nächsten Tag dringend einen Tierarzt aufsuchen, damit der Igel eine Aufbauspritze erhält, d.h. Glukose-Lösung, Ringer-Laktat, Vitamine. –Verabreichung eines Antibiotikums ist meist sinnvoll. Keine Spritze gegen Lungenwürmer!Vertreibung von Flöhen und Beseitigung der Zecken haben Zeit!
11.Sollte eine Zwangsernährung nötig sein, bitten Sie den Tierarzt um eine 1ml, eine 2ml und möglichst mehrere 5 ml Pipetten.
12.Haben Sie den Igel in Ihrem Garten gefunden, dann sollten Sie in den nächsten Tagen öfter aufmerksam nach draußen gehen, denn eine Igelin hat 3-5 Kinder. Ihr Igel könnte auch aus einem der Nachbargärten stammen.

Erläuterungen

Am besten ist es, das Tier zu wiegen, und schauen Sie das Tier genau an! Zu dünne Igel haben einen “Hals“, d. h. eine deutliche Einbuchtung zwischen Kopf und Körper, und man sieht eine “Taille“ auf der Rückenseite, d.h. eine Einbuchtung zwischen Vorder- und Hinterbeinen. Ist das Tier etwas entrollt, kann man von der Bauchseite fühlen, dass er nichts “auf den Rippen“ hat, und wenn Sie die Haut der Bauchseite und die der Rückenseite mit 2 Fingern zu einer Falte zusammendrücken (nicht kneifen), fühlen Sie kein Fettgewebe zwischen den Hautschichten.

Man erwartet eigentlich, dass sich Mitte November die Igel längst zum Winterschlaf zurückgezogen haben, aber der viel erwähnte Klimawandel wirkt sich wohl auch intensiv auf unsere Igel aus. Heiße, trockene Sommer sind nicht gut für die Aufzucht von Jungen. Ein zweiter Wurf erfolgt im September. Man könnte meinen, ein langer, warmer Oktober und ein sonniger November ermöglichen Mutter und Kindern sich schöne dicke Fettpölsterchen anzufuttern und damit den Winterschaf gut zu überstehen. Aber finden sie auch genügend Fressbares? Was vom Klimawandel nicht beeinflusst wird, ist die Tageslänge, d.h. die Nächte sind länger und kühl, die Pflanzen haben ihre Blühphase beendet, denn die meisten reagieren,  genetisch festgelegt, sehr genau auf bestimmte Tageslängen mit dem Ansetzen der Blütenknospen (Langtag- bzw. Kurztagpflanzen). Wie schnell die Knospe sich dann tatsächlich zur Blüte entwickelt, hängt von der Temperatur und anderen Faktoren ab. Die genetische Festlegung wird von klimatischen Verschiebungen nicht verändert. Sind keine Blüten mehr da, geht auch die Zahl der bestäubenden Insekten zurück, die hauptsächlich im Ei- oder Puppenstadium bis zum nächsten Frühjahr überdauern. Auch Schnecken sind im Laub oder  in ihrem Winterversteck nicht so gut zu entdecken. Im späten November gehen noch meist untergewichtige Igelkinder diesen Jahres (weniger als 680 g) in der Nähe von Hauswänden und auf Bürgersteigen auf Nahrungssuche da, wo Beinchen und Bauch nicht so nass und kalt werden wie im Gras, oder Weibchen, die ihre Jungen bis in den Oktober hinein gesäugt und geführt haben und daher nicht genügend für sich selbst sorgen konnten und deshalb für ihre Größe zu leicht sind. Igelväter kümmern sich nicht um die Aufzucht ihres Nachwuchses und verschwinden bereits Anfang November in ihrem Winterquartier, es sei denn dieser Unterschlupf wurde durch zu gründliche Gartenarbeit (Einsatz von Laubsaugern) zerstört. Es geht den Igeln so wie es im Sprichwort heißt: “In der Not frisst der Teufel Fliegen“. Sie müssen weitgehend auf pflanzliche Nahrung übergehen und sich mit Beeren und verrottenden Blättern begnügen, denn die verblühten Pflanzen haben wir längst aus unseren Gärten entfernt. Beerenfrüchte in der Hauptsache wären vielleicht auch nicht die richtige Nahrung, denn die Verdauungsenzyme und Bakterien im Darm des Igels sind dafür nicht geeignet. Oft findet man Igel unterhalb von Vogelfutterhäuschen nach Fressbarem suchen. Aber außer Fett und vielleicht ein paar Haferflocken ist nichts für sie dabei. Die kleinen Rosinen und Getreidekörner sind zu hart, von Sonnenblumenkernen können sie die Schale nicht entfernen, und leckere Wal- oder Haselnüsse haben die Vögel längst aussortiert. Alles ist zudem pflanzlicher Herkunft, also reich an Kohlehydraten, während Igel hautsächlich Proteine brauchen.

Igel, in winterlicher Kälte gefunden, fühlen sich oft aus einem anderen Grund sehr kalt an: Dem Körper wurde als Vorbereitung auf den Winterschlaf schon ein Teil des Wasser durch Urinabgabe entzogen, die Körpertemperatur ist zurückgesetzt, die Verdauung verlangsamt, das Leben funktioniert auf “Sparflamme“. Die Atmung ist durch leichtes anheben der Rückenstacheln kaum noch zu erkennen und ist auf weniger als 10-12 Atemzüge pro Minute abgesunken. Solche Tiere dürfen nicht gleich ins warme Wohnzimmer gebracht werden, das verträgt der Kreislauf meistens nicht. Setzen Sie das Tier in einen Pappkarton, bedeckt von einem weichen Tuch, in das sich das Tier hinein kuscheln kann, und steigern Sie allmählich die Temperatur der Umgebung. Atmung und Herztätigkeit müssen sich beschleunigen. Hilfreich ist es, hin und wieder die Blutzirkulation anzuregen durch leichte Massage der Beinchen und Streicheln von Brust und Bäuchlein (Erinnern Sie sich, wie weh es tut, wenn kalte Finger oder Füße “auftauen“?) Sollte die Zimmertemperatur nicht ausreichen und eine zusätzliche Wärmequelle für einige Zeit nötig sein, muss das Tier die Möglichkeit haben, sich den angenehmsten Temperaturbereich selbst aussuchen zu können, d.h. größerer Pappkasten, der nur zu einem Teil auf z.B. einem Heizkissen steht.  Meines lasse ich immer nur auf der niedrigsten Wärmestufe stehen und betätige den Stecker zum An- und Ausstellen, um eine falsche Wärmestufe auszuschließen. Sie müssen in dieser Phase häufig kontrollieren wieviel Wärme das Tier tatsächlich erreicht, denn manchmal ist die Bodenfläche des Kastens + Papiereinlage zu dick, um genügend Wärme bis zum Igel durchzulassen. Von Rotlicht-  (Augen müssen abgedeckt werden) oder anderen Strahlern rate ich dringend ab, weil die Frequenzbereiche der Geräte für den Zweck des Aufwärmens nicht geeignet sind. Außerdem ist es wichtiger die Bauchseite zu wärmen.

Bitte dem Tier nicht gleich Futter anbieten, die Wasseraufnahme sollten Sie dagegen unterstützen!

Der Körper muss viel Energie bereitstellen, um Atmung und den gesamten Blutkreislauf in Gang zu bringen. Da sollten nicht noch in dieser Situation unnötige Körperfunktionen berücksichtigt werden, und Verdauung bedeutet einen großen Aufwand. (Für den Menschen gilt auch: Nach einer guten Mahlzeit nicht gleich Schwimmen gehen, weil dann die Durchblutung der Muskulatur zugunsten der Darmtätigkeit verringert wird und Krämpfe entstehen können).

Das Tier kann mit dem aufgenommenen Futter auch nichts anfangen, solange die richtige Körpertemperatur (380 C) nicht im gesamten Tier wieder hergestellt ist, denn erst dann können die noch vorhandenen Verdauungsenzyme mit ihrer Arbeit beginnen. Es muss sich auch genügend Wasser im Darm befinden, damit der Nahrungsbrei verdaut und transportiert werden kann. Sehr kleine Futtermengen sind daher sinnvoll.

Flöhe und Zecken überwintern zwischen den Stacheln. Die Zecken haben ebenfalls Wasser abgegeben und fallen mit ihrem nun schrumpeligen Hinterleib nicht mehr auf, die Flöhe dagegen werden in der Wärme schneller munter als der Igel. Sie können daher quasi als “Thermometer“ verwendet werden: Weil Menschen und Igel eine ähnliche Körpertemperatur haben, springen die Flöhe auf den Menschen über, weil der ja wärmer ist (beißen uns nicht, denn sie werden mit unserer dicken Haut wohl nicht fertig, doch sind sie lästig). Ist der Igel wieder warm genug, fühlen sich die Flöhe auf dem Igel wohler. Nur bei starkem Befall sollte man die Beseitigung der Flöhe und Zecken (Vorgehen ausführlich unter “3 Hilfsmaßnahmen gegen Schmeißfliegen und andere Parasiten“ beschrieben) nur so lange herausschieben, bis das Tier sich etwas eingelebt hat, die Zecken groß genug sind, dass man sie mit einer Pinzette entfernen kann, ohne dass der Kopf in der Igelhaut stecken bleibt und ohne den Igel zu verletzen. Befall mit Schmeißfliegenlarven ist um diese Jahreszeit nicht mehr zu befürchten.

Der Tierarzt kann aber mit einer “Aufbauspritze“ Wasser, Glukose und bestimmte Salze (Stoffe also, die dem Körper in dieser Situation besonders fehlen) zuführen, ohne dass das Verdauungssystem beansprucht wird. Nur ist meistens eine Spritze nicht ausreichend, wenn das Tier nicht anfängt, kleine Mahlzeiten selbst aufzunehmen.

Bitten Sie Ihren Tierarzt, das jeweilige Medikament möglichst nicht in den Muskel sondern nur unter die Haut, auf jeden Fall weitab von der Wirbelsäule in den Bereich Oberschenkel zu injizieren. Zwischen Muskulatur und Haut besteht kaum eine Verbindung, und die Stacheln lassen sich meist gut anheben, also viel Platz, dass der injizierte Stoff sich schnell im Körper verteilen kann. Fettgewebe haben unsere hilfsbedürftigen Tiere meist nicht viel, die Muskelzellen nehmen nicht so viel auf, und nahe der Wirbelsäule gespritzt bekommen die Nervenzellen eine viel zu hohe Konzentration ab.

Igel können ihre Körpertemperatur innerhalb eines Tages herauf- und herabsetzen, sicherlich um noch schöne Spätherbsttage nützen zu können oder umgekehrt: Ungünstige Witterung besser zu überstehen. Auch gesunde, keineswegs hilfsbedürftige Igel wachen von Zeit zu Zeit aus ihrem Winterschlaf auf und verlassen ihr Schlafnest, vielleicht nur um den Darm zu entleeren. Tiere, die das Wintergewicht nicht haben, nutzen die Gelegenheit und gehen auf Nahrungssuche, die Natur gibt ihnen die Chance. Viel finden sie nicht, und das richtige Futter ist es auch nicht, aber vielleicht können sie das Wenige doch noch umsetzen, denn im Jahresrhythmus verändert sich das natürliche Nahrungsangebot der meisten Tiere. Deshalb: langsames Heranführen an die fremde Kost durch das Anbieten kleiner Mengen mehrfach am Tag. War das Tier noch nicht fest im Winterschlaf, wird es zunächst dunkelgrünen bis schwarzen Kot absetzen, etwas später durch Vermischung mit noch kaum verdautem Ei heller grünen Kot, nur fischig darf er nicht riechen, denn dann haben sich die falschen Bakterien im Darm vermehrt, was der Tierarzt mit Hilfe von Antibiotika aber ins Lot bringen kann.

Manchmal trifft man untergewichtige Igel draußen noch sehr agil an. Sind sie dann in “Obhut“, fallen sie regelrecht zusammen, weil ihre körperlichen Reserven nicht genügend Energie liefern können, die für die Arbeit sämtlicher Organe im Wachzustand notwendig ist.

Wichtig: Ist das Tier aus dem Winterschlaf aktiv aufgewacht oder nur aufgeschreckt worden, ist es weder zu dünn (Jungigel ca. 650g, erwachsener Igel (Alttier ca. 800g), atmet es normal (viele kleine rhythmische Bewegungen der Rückenstacheln) und hat keine Verletzungen, sollte es entweder nur von der Straße aufgenommen und in das nächste Gebüsch gesetzt oder an den Fundort zurückgebracht werden, oder Sie bieten ihm im Garten ein neues Quartier und nicht gefrierendes Futter an (Trockenfutter für Igel, gemahlene Hasel- oder kleingeschnittene Walnüsse, Haferflocken, getrocknete Insektenlarven). Igel suchen gerne einen Unterschlupf unter Terrassen oder Gartenhäuschen oder andere geschützte Stellen. Wichtig ist, dass da noch Laub in der unmittelbaren Umgebung liegt, denn richtig “Eintragen“ in ihr Versteck das machen Igel weder mit Nahrung noch mit Nestmaterial. Unter dem Komposthaufen kann man ihnen als Winterquartier einen etwa armlangen und armbreiten Gang anlegen, dessen inneres Ende so groß ist, dass sich das Tier bequem drehen kann. Katzenfutter riechen Igel von weitem, aber der Weg zwischen Winterquartier und Futterstelle sollte möglichst kurz sein, damit der Schützling auf der Nahrungssuche keinen hohen Wärmeverlust erleidet, denn die Nächte werden zunehmend kälter.

Gesunde Igel dürfen nicht im Haus genommen werden! Denken Sie auch daran, dass Sie Ihren Wintergast erst im nächsten April, evtl. sogar später Anfang Mai, wieder aussetzen können. Das sind viele Monate “Gefangenschaft“! Manchmal überlebt ein Tier nicht, weil Gefangenschaft für ein Wildtier sehr stressig ist, aber oft liegen sicher auch Organschwächen vor, die es natürlich auch bei Igeln gibt. “In Winterschlaf fallen“ und das “Wieder Aufwachen“ werden vom “Braunen Fettgewebe“ reguliert und erfordern ein kompliziertes Zusammenspiel von Nerventätigkeit, Hormonen und Stoffwechsel, und nicht alle Tiere wachen wieder auf.

 

Unterbringung im Haus

Sie haben sich entschieden, den Igel bis zum Frühjahr selbst zu betreuen. Welcher  Raum ist am besten geeignet für den Wintergast? Und wie soll sein persönlicher Bereich gestaltet werden?

Igelraum:

  • kein “Durchgangsverkehr“ (wie z.B. Treppenhaus)
  • keine “Dauerbeanspruchung“ durch Familienmitglieder
  • keine “Dauerberieselung“ durch eingeschalteten Fernseher
  • beheizbar, aber keine zu trockene Luft, unbedingt mit Fenster, jedoch keine Zugluft
  • kein Abstellraum mit senkrechten und waagerechten Spalten zwischen den abgestellten Objekten
 Igelbehausung:

größere Holzkisten ohne Quer- oder Längs-spalten                                                                                        

Pappkartons, z.B. Umzugskartons

größere Kaninchenkäfige

große Plastikwannen (keine Wäschekörbe)

Innenausstattung:

kleines Schlafhäuschen

Zeitungspapier

alte, weiche Tücher

anfangs trockenes Laub oder Stroh zur Eingewöhnung

 

 

Erläuterungen

Igel sind zwar Einzelgänger, aber Einsamkeit in der auch noch fremden Umgebung würde den Lebenswillen herabsetzen. Außer Lichtwechsel zwischen Tag und Nacht und Geräusche aus ihrem Leben in Freiheit brauchen sie, auch Kontakt zu anderen Lebewesen, ein Igel, ein anderes Tier, Bezugspersonen, davon aber nicht zu viele  und nicht zu jeder Tageszeit. Für Kinder ist der Igel so etwas wie ein Ersatz für ein Haustier, das sie sich schon immer gewünscht haben und das sie allen Freunden zeigen müssen. Da Igel aber tagsüber ihre Schlafenszeit haben, sollten sie nicht zu oft gestört werden, und hier in ihrer Nähe müssen die Kinder absolut leise sein. Igel haben ein sehr feines Gehör, denn sie müssen die Bewegung von Insekten im Laub hören können. Bei Unruhe, Lärm und vor allem bei  fremden Stimmen ziehen sie sich ängstlich zusammen. Der freundlichste Haushund gehört zu seinen absoluten Feinden, muss auch Feind bleiben und darf nie in die Nähe des Igels gelassen werden. Die Hauskatze kann den Igel gerne “besuchen“ und mit ihm das Futter teilen.

Wenn man die Zeit und die Möglichkeit hat und die Witterung es zulässt und  Ihr Igel keinen Winterschlaf hält, sollte er wenigstens stundenweise Kontakt mit der Außenwelt haben, solange es im Haus verbleiben muss, normalen Geräusche der Umgebung hören, wie z.B. Vogelgezwitscher durch das geöffnete Fenster, in Erde, Gras und Blätter läuft er gerne herum. Die Stärkung seiner Sinne ist wichtig als Vorbereitung für das Aussetzen im Frühjahr.

Igel sind Klettermeister! Eine 30 cm hohe Wand ist kein Hindernis für einen mittelgroßen Igel. Die Wände der Igelbehausung müssen daher hoch sein.

Igel sind neugierig und stecken ihre Nase – im wahrsten Sinne des Wortes – überall hinein, was ihnen zum Verhängnis werden kann. Alle Öffnungen, ob Quer- oder Längsspalten oder Löcher, in die die Tiere zwar vorwärts hinein, aber wegen der Stacheln nicht wieder rückwärts heraus kommen, können zu tödlichen Fallen werden. Igel können sich ganz flach machen und sich in 2 cm breite Spalten (Scheuerleisten-Breite!) hineinzwängen, weil sie das Dunkle suchen. Deshalb ist ein Abstellraum mit den Spalten zwischen den hier gelagerten Objekten und nicht verrückbaren Möbeln ausgesprochen schwierig abzusichern, (z.B. durch Schaumstoffplatten, zusammengerollte Zeitschriften oder zerknüllte Zeitung). Auch die an den “Igelraum“ angrenzende Zimmer müssen auf diese Gefahrenquelle untersucht werden, denn allzu oft vergisst man die Türen zu schließen, wenn man nur gerade noch etwas holen muss. Die Ritzen an Holzkisten oder Käfigen müssen bis mindestens 40 cm Höhe von außen mit einer Pappmanschette verklebt werden, denn Ihr Wintergast in der doch recht engen Behausung sollte nicht durch seine Neugier angeregt werden, die weite Welt erobern zu wollen.

Igel sind – wie wir auch – abhängig von der Tagesrhythmik. Dauerdunkel oder Dauerhelligkeit bekommen ihnen, wenn sie nicht im Winterschlaf sind, so wenig wie uns. Igel sind nachtaktiv. Zwischen etwa 100 Uhr und 160 Uhr sollte Ihr Gast möglichst wenig gestört werden. Es schadet ihm aber nichts, wenn hin und wieder die Waschmaschine oder der Fernseher läuft, das Trimm-Gerät benützt wird o. ä. Falls der Igel sich durch leichtes Räuspern bzw. Husten beschwert, wird er eben für die Zeit mit seinem ganzen Kasten aus dem Raum entfernt.

Ist die Raumluft zu trocken, wird auch die Haut des Igels trocken und dazu schuppig. Das kann man verhindern, indem man das Kerlchen hin und wieder mit einem zarten Öl für neugeborene Babys (ohne Duftstoffzusätze) oder nur mit lauwarmem Wasser besprüht (nicht duschen!).

Egal, was als eigentliche Behausung geboten werden kann, sie muss auf einer Plastikdecke stehen, damit der Fußboden vor Verschmutzung geschützt wird, darauf liegende dicke Pappe oder/und mehreren Lagen Zeitungspapier halten Bodenkälte ab.

Holzkisten sind meistens zu klein, und wenn sie die richtige Größe haben, sind sie zu schwer. Außerdem sind sie nicht gut sauber zu halten. Genügend große Plastikwannen gibt es auch nur noch selten. Sie sind zwar sehr gut und schnell zu säubern, aber Plastik ist immer kühler und die Wannen nur geeignet, wenn das Tier ok. ist und nur wenig Gewicht zum Winterschlaf fehlt. Zum Aussteigen aus der Wanne finden die Igel immer einen Weg, denn sämtliches Papier, das man zur “Innenausstattung“ verwendet, wird zusammengeschoben und als Treppe genützt. Die großen Wannen, die man wohl zum Anrühren von Zement verwendet, bestehen evtl. aus nicht ungiftigem Material und daher sind Abrieb und Ausdünstung für Lebewesen nicht gesund. Über einen Wäschekorb lacht Ihr Igel und klettert raus.

Einen Tierkäfig passender Größe kann man eher von Bekannten ausleihen, aber die waagerechten und senkrechten Stäbe müssen so angeordnet sein, dass ein Igel seinen Kopf nicht hindurchstecken kann. Das könnte man aber durch die außen angebrachte Manschette verhindern. Als Grundfläche sollte die Igelbehausung  2 mhaben, was man meistens nicht bieten kann.

Pappkartons sind am ehesten in einer passenden Größe aufzutreiben, aber bitte keine Kartons verwenden, die vorher Waschmittel oder andere Chemikalien enthielten. Eine Grundfläche der Igelbehausung von 2 mkönnte man mit aneinander geklebten Kartons mit Durchgang ermöglichen, aber es besteht vielleicht auch die Möglichkeit, dem Tier einen gut gesicherten Freilauf anzubieten, deutlich größer als der Schlafbereich, wo es sich für einige Stunden am Abend mit trockenen Laubblättern z.B. beschäftigen (Übung “Nahrungssuche“) und die Beinchen vertreten kann. (Manche Kinder sind sehr erfinderisch und mit Feuer und Flamme dabei, für ihr “Haustier auf Zeit“ eine schöne Laufstrecke mit Pappkästen und Klebeband zu bauen). Für die Sicherheit – kein Ausbruch möglich – muss ein Erwachsener sorgen.

 

 

Wo bekommt man das alles her?

Kisten von Freunden, die mit dem Verkauf oder der Reparatur von z.B. Elektrogeräten zu tun haben; große Pappen, wenn Möbel ausgeliefert wurden (wenn sonst nichts klappt, beim Bauhof wird immer gutes Material abgeliefert, Kästen, die man vielleicht nur wieder zusammenkleben muss). Dünne Pappe von kleinen Kästen findet man immer, wenn im Supermarkt neue Ware in die Regale einsortiert wird, und Ihrem Nachbarn ist es egal, ob er seine Tageszeitung Ihnen gibt oder sie in der Papiertonne entsorgt.

 

Pappkartons haben einen großen Nachteil: Sie vertragen kein Wasser. Igel urinieren und koten gerne in eine Ecke des Kartons, die aufgeweichte Stelle ist leichter zu beknabbern. Je nach Dicke des Kartons ist die Befreiungsaktion in wenigen Stunden erledigt, und der Igel fängt an, die Gegend zu erkunden (Gefahr bei nicht abgesicherten Igelraum). Abhilfe könnte eine Verstärkung der unteren Bereiche des Kastens bringen, muss aber an den eigentlichen Wänden der Behausung fest anliegen, damit sich der Igel nicht die vorstehenden Augen verletzt. Eine Verstärkung mit dünnerer Pappe fängt auch Verschmutzung ab, ist leichter zu entsorgen, und der große Pappkarton ist länger zu verwenden. Günstig ist es, außerhalb der eigentlichen Behausung, also in dem Zimmer, in dem der kleine Gast untergebracht ist, eine größere und nicht zu dünne Einkaufstüte mit alten Handtüchern o. ä. gefüllt herumliegen zu lassen, denn die wird von dem Ausreißer gerne angenommen, weil dunkel, warm und kuschelig weich. Dieser Tüteninhalt wird vom Igel nicht beschmutzt. Haben die Igel die Möglichkeit, für ihr “Geschäftchen“ den Karton zu verlassen, wird der auch sauber bleiben. Igel sind sehr reinlich.

 

2 Nächte intensive Arbeit und dann Freiheit! 

 

 

Kleine architektonische Meisterleistung. Ein oben offener Gemüsekarton, genügend Zeitung in der Umgebung und ein hoher Kraftaufwand, um Zeitungsseiten in den Pappkarton hinein zu ziehen und so fest zu verankern, dass der Baumeister ein- und aussteigen kann, ohne dass irgendetwas wieder herausfällt.

Für die Innenausstattung sind Katzenstreu, Sägespäne (kleben an feuchten Schnäuzchen) und Heu und Moos (wickeln sich um die Beinchen) völlig ungeeignet, aber Erde, Laub und Stroh leider auch nicht, u.a. weil dann die Sauberhaltung enorm erschwert ist (nur zur Eingewöhnung und im Schlafhäuschen wären Laub und Stroh sinnvoll). Auch weicher Stoff kann meist nur anfangs verwendet werden, denn wer will verschmutzte Tücher waschen? Es bleibt für den Pflegling nur Zeitungspapier, möglichst Doppelblätter auf die Hälfte gefaltet, mehrere dann übereinander und auf dem Boden des Kartons in 2 solche Päckchen nebeneinander gelegt. Vorteil: Igel haben sich nach wenigen Tagen dafür entschieden, welche Seite des Kartons als Schlafecke, die weitgehend sauber bleibt, und welche als Toilette dienen soll. Man muss also nur auf einer Seite das Papier öfter auswechseln, häufig auch nur das oberste Doppelblatt. Bitte beim Saubermachen (es geht halt viel schneller) nie die gesamte Zeitung entfernen, denn den unangenehmen Geruch der  Druckerschwärze versuchen Igel mit ihrem eigenen so schnell wie möglich zu verdrängen. Manche Tiere werden sehr gestresst, wenn ihr “Stallgeruch“ durch den der Druckerschwärze überdeckt wird. Das bedeutet dann wieder schmutzige Zeitung. Kothäufchen und Urin-Verschmutzungen müssen entfernt werden, damit der Igel nicht darin herumläuft und Hautpilz bekommt, aber es sollte eben nicht alles Papier entfernt werden. Ob Sie morgens oder abends gründlicher sauber machen, hängt davon ab, wann Sie Zeit dafür finden. Sie müssen nur darauf achten, dass Sie das Tier nicht zu sehr stören und ihm die “Bettdecke“ in seiner Schlafenszeit wegnehmen. Muss das wirklich mal sein, dann zerknüllen Sie die Zeitung oder zerreißen sie so ähnlich wie die war, die Sie Ihrem Tier weggenommen haben. Hat Ihr Tier ein Schlafhäuschen, dann sollten Sie dieses nur von Zeit zu Zeit kontrollieren. Ein Schlafhaus, wenn es die Höhe der Seitenwände erlaubt, hätte es schon gerne. Wenn das nicht geht, begnügt er sich auch mit Zeitungsseiten, unter denen er sich verstecken kann. Deshalb: Möglichst einen großen Vorrat an Zeitungen beschaffen, damit der Karton nicht mit der noch fast frischen Zeitung vom Vortag ausgelegt werden muss, Doppelseiten so falten, dass der Igel nur mit den an Druckerschwärze armen Seitenhälften in Kontakt kommt. Keine Zeitungsblätter mit zu viel Druckerschwärze (z.B. Bildzeitung), keine Zeitschriften oder glatte Reklameblätter (beides nicht genügend saugfähig). Manche Tiere zerreißen Zeitungspapier für den Nestbau. Es entstehen lange schmale Papierstreifen, die sich um ein Hinterfüßchen legen können, beim Herumlaufen mitgeschleppt werden, wobei sich die Papierenden umeinander verdrehen, eine Schlaufe entsteht, die die Blutzirkulation am Füßchen abschnürt. Die Entfernung dieser Papiergebilde muss schnell erfolgen und das Beinchen zart massiert werden

Lassen Sie sich nicht von Ihrem Igel in den Finger beißen! Manche Igel sind ganz schön angriffslustig, wenn man die schmutzige Zeitung entfernen oder den leeren Napf gegen einen vollen austauschen will. Das Belohnungssystem “neue Zeitungspapierhälfte mit vollem Futternapf auf eine Seite der Unterkunft gestellt“ um ihn damit zu beschäftigen während man in Ruhe saubermacht, wird von ihm falsch verstanden, und er wird angriffsbereiter, um Sie, den Störenfried, aus seinem Revier zu vertreiben.  Es ist besser, ihm zu zeigen, wer von Ihnen beiden der “stärkere Igel“ ist und zwar so, wie er mit einem anderen Igel um die Macht kämpfen würde. Mit kräftigen Schnauzen-Schubser in die Seite versuchen sie den Gegner abzudrängen. Und das machen Sie auch aber mit Ihren Fingern! Man kann ihn auch mehrfach um seine Längsachse rollen, das versteht er auch, und wird Sie schnell respektieren.

Auch Kuscheltücher können gefährlich werden. Sie dürfen keine Löcher haben, keine Aufhänger und keine heraushängende Fäden, denn die Fäden verfangen sich in den Stacheln, Bei seinen Aktionen steckt das Tier sein Köpfchen in das Loch im Stoff, bekommt es aber nicht wieder heraus, was zwar lustig aussehen mag, wenn der Igel mit der “Schleppe“ herumläuft, aber er könnte sich beim Drauftreten auf den Stoff strangulieren. Igel können sich in solchen Situationen nicht selbst befreien, sie können weder die Vorderpfoten verwenden, denn sie sitzen nie wie viele andere Tiere auf ihren Hinterbeinchen, und Abknabbern geht nicht, weil der Hals zu kurz ist, um das Schnäuzchen an die behinderte Stelle heran zu bringen, und die Stacheln sind Widerhaken, weil sie durch Muskelbewegung nur aufgestellt oder in Richtung Hinterteil angelegt werden können.

Was der kleine Wintergast braucht um seinen großen oder kleinen Hunger zu stillten, ist ausführlich erklärt unter„Fütterung bei selbständiger Nahrungsaufnahme“